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Markus Müller, Dr.iur.:

Die M+M+R-Impfkampagne des Bundes auf demjuristischen Prüfstand

Ein faktisches Impfgebot greift in das Selbstbestimmungsrecht der Eltern und der Familienärzte ein.
Schweizerische Ärztezeitung, Band 75, Heft 10 - 9. März 1994

hier das pdf des ganzen Artikels (6 s. 1.9MB)


Anmerkung (März 2016):
in den über zwanzig Jahren seit Erscheinen dieses Artikels ist die Durchimpfung der Kinder gegen MMR verdoppelt worden und die Masern ist heute eine Rarität. Ausserdem ist das neue eidgenössische Epidemiengesetz seit 1. Januar 2016 in Kraft, und interpretiert die verfassungsrechtliche Grundlage neu. Da sich M. Müller mit dieser Grundlage auseinandersetzt, ist er immer noch aktuell, wenn auch unter den heutigen Bedingungen einige Elemente in anderem Licht erscheinen.


Zusammenfassung:

Die Arbeit des Juristen Markus Müller beschäftigt sich mit zwei zentralen vefassungsrechtlichen Aspekten der nationalen schweizerischen Impfkampagne gegen Masern, Röteln und Mumps, welche vom Bundesamt für Gesundheit im November 1987 lanciert worden war. Als erstes wird der Frage nachgegangen, ob der Bund nach der bundesstaatlichen Aufgabenverteilung zur Lancierung der MMR-Impfkampagne überhaupt befugt ist. Anschliessend wird untersucht, ob staatliche Impfempfehlungen vor den Grundrechten der Bundesverfassung und den Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention standhalten.
In seinen Schlussfolgerungen bezeichnet der Autor zwei ernstzunehmende verfassungsrechtliche Mängel:

1. Aufgrund der geltenden bundesstaatlichen Aufgabenverteilung im Bereich der Krankheitsbekämpfung (Art. 69 BV) fällt die Bekämpfung der Kinderkrankheiten Masern, Röteln und Mumps nicht in die Zuständigkeit des Bundes, sondern in jene der Kantone. Der vom BAG in Zusammenarbeit mit den Kantonen lancierten MMR-Impfkampagne fehlt somit eine rechtsgenügliche Grundlage im Verfassungs- und folglich auch im eidgenössischen Gesetzesrecht. Die Kampagne ist bereits deshalb verfassungswidrig. Eine national koordinierte MMR-Impfkampagne müsste richtigerweise von den Kantonen ausgehen und würde dementsprechend hinreichend klare und bestimmte rechtliche Grundlagen in den kantonalen Rechtsordnungen voraussetzen.

2. Soweit die staatlichen Impfempfehlungen die Entscheidungs- und Handlungsfreiheit der Informationsadressaten (Eltern und Ärzteschaft) stark einengen, nähern sie sich in ihren Auswirkungen faktisch einem staatlichen Gebot und können grundrechtsrelevant sein. Ein faktisches Impfgebot greift schliesslich in das Selbstbestimmungsrecht der Eltern und der Kinder bzw Familienärzte sowie in die körperliche und psychische Integrität der Kinder ein. An der Verfassungsmässigkeit dieser Grundrechtseinschränkungen sind aus verschiedenen Gründen ernsthafte Zweifel angebracht:

2.1 zunächst fehlt es in den meisten Kantonen an einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage

2.2 ferner kann in unseren Breitengraden nicht bedenkenlos von einem überwiegenden öffentlichen Interesse an der Ausrottung der drei Kinderkrankheiten gesprochen werden

2.3 schliesslich sind hinsichtlich der Verhältnismässigkeit der systematischen Durchimpfung aller Kinder Zweifel am Platz:

2.3.1 bereits an der Eignung des Konzeptes der freiwilligen und einmaligen MMR-Impfung in Verbindung mit der Notwendigkeit einer annähernd 100%igen Durchimpfung muss unter verfassungsrechtlichen Effektivitätsgesichtspunkten zumindest als problematisch erscheinen

2.3.2 die Erforderlichkeit der MMR-Impfkampagne und damit der Durchimpfung ist nicht fraglos gegeben, was unter anderem an der Tatsache abgelesen werden kann, dass die WHO ihre Empfehlungen auf die Bekämpfung der Masernencephalitis und der Rötelnembryopathie konzentriert

2.3.3 sofern Eignung und Erforderlichkeit nicht zweifelsfrei gegeben sind, ist auch die subjektive Zumutbarkeit der Grundrechtsbeeinträchtigung durch die Impfkampagne in Frage gestellt

Zusammenfassung Peter Klein     www.impfo.ch  

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