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David A. Geier und Mark R. Geier:

Eine Fallkontroll-Studie von schweren autoimmunen Nebenwirkungen nach Impfung gegen Hepatitis-B
Originaltitel: A case-control study of serious autoimmune adverse events following hepatitis B immunization

Die Evidenz, dass die Hepatitis-B Impfung schwerwiegende Autoimmunstörungen auslösen kann, verdichtet sich. Auch wenn diese Nebenwirkungen selten sind, könnten sie in Ländern mit genereller Impfempfehlung erheblich sein: je tiefer die ursprüngliche HB-Virus Trägerrate, desto bedeutungsvoller (*Erläuterung am Schluss).

Quelle: Autoimmunity, June 2005; 38(4): 295-301

vergleiche auch die Literaturübersichten über Autoimmunreaktionen
nach HBV-Impfung von M Girard
oder nach diversen viralen Impfungen von M Schattner


Zusammenfassung:

Die Hepatitis-B Infektion ist eine der wichtigsten Ursachen von akuten und chronischen Lebererkrankungen. In den 1980er Jahren wurden in den USA gentechnisch hergestellte Hepatitis-B Impfstoffe (HBV) eingeführt. Über eine grosse Zahl von schwerwiegenden Autoimmunstörungen als Folge von HBV wurde später berichtet, obschon HBV als allgemein gut verträglich bezeichnet worden war. Eine epidemiologische Fallkontrollstudie wurde durchgeführt, um die prospektiv der Vaccine Advers Events Reporting System (VAERS) Datenbank gemeldeten schwerwiegende autoimmune Nebenwirkungen nach HBV zu evaluieren. Dies durch einen Vergleich mit einer bezüglich Geschlecht, Alter und Impfzeitpunkt gepaarten Gruppe, welche keine HBV aber eine, das Tetanus-Toxoid (TCV) enthaltende Impfung bekommen hatten. Verglichen wurden die Häufigkeiten von Zuständen, welche zum vorneherein, auf a priori Basis in Fallberichten identifiziert worden waren. Erwachsene, welche HBV erhalten hatten, zeigten signifikant erhöhte Odd Ratios (OR) für Multiple Sklerose (OR=5,2, p<0.0003, 95%Confidence Intervall (CI) =1.9-20), Optikusneuritis (OR=14, p<0.0002, CI=2.3-560), Vaskulitis (OR=2.6, p<0.04, CI=1.03-8.7), Arthritis (OR=2.01, p<0.0003, CI=1.3-3.1), Alopezie (OR=7.2, p<0.0001, CI=3.2-20), Lupus Erythematodes (OR=9.1, p<0.0001,ci=2.3-76), Rheumatoide Arthritis (OR=18, p<0.0001, CI=3.1-740), Thrombocytopenie (OR=2.3, p<0.04, CI=1.02-6.2) im Vergleich zur TCV-Gruppe. Prüfungen auf minimales Confounding und systematische Fehler wurden durchgeführt. Trotz der negativen Befunde der vorliegenden Studie bezüglich zwar seltener, aber schwerwiegender Nebenwirkungen der HBV ist es klar, dass die HBV dennoch signifikante Vorteile bietet. Aber es ist ebenso klar, dass das Risiko von Erwachsenen, mit dem HB-Virus infiziert zu werden grösstenteils vom Lebensstil abhängig ist. Erwachsene sollten deshalb eine informierte Entscheidung treffen, indem sie Risiken und Nutzen einer HBV-Impfung abwägen.

Übersetzung Peter Klein    

Anmerkung:

Die Fallkontrollstudie von Geier und Geier basiert auf 604, der CDC innerhalb von 14 Jahren gemeldeten Fällen von schweren Autoimmunstörungen nach Hepatitis-B Impfung. In diesem Zeitraum wurden in den USA viele Millionen von Erwachsenen Personen gegen Hepatitis-B geimpft, seit 1992 auch alle Säuglinge (4.2 Mio Geburten/J). Es handelt sich also vermutlich um sehr seltene Ereignisse, auch wenn man eine hohe Dunkelziffer in Betracht zieht. Umgekehrt war das Risiko eines Durchschnittsamerikaners, im Verlaufe seines Lebens zum HB-Virusträger zu werden, schon vor Einführung der Impfung sehr klein (das Lebenszeitrisiko eine Hepatitis-B Infektion durchzumachen ist in den USA ca 4% (NIH), wogegen die Chronifizierungsrate bei Hepatitis-B Infizierten ca 5% beträgt). Bei vorauschauendem Lebenswandel wird dieses Risiko aber extrem klein. Dies ist der Hintergrund der diplomatisch formulierten Schlussfolgerung der beiden Studienautoren. Sie führen in der Diskussion weiter an:
- es sei offensichtlich, dass die HBV-Impfung ähnliche Störungen auslösen könne wie man sie als extrahepatische Manifestationen der HB-Infektion kenne, wenn auch mit stark reduzierter Häufigkeit, womit ein plausibler pathogenetischer Mechanismus vorliege
- die vorliegende Studie bestätige die Befunde von MA Hernan's prospektiver Studie bezüglich MS nach HBV (in Neurology 2004; 63: 838-42) und die Ergebnisse der Literaturübersicht von M Girard (in Autoimmune Rev 2005; 4: 96-100)
Die vorgelegten Erkenntnisse über das autoimmune Nebenwirkungspotential der Hepatitis-B Impfung kann das günstige Nutzen-Schadensverhältnis bei Impfung von HB-Risikogruppen kaum wesentlich ins Negative beeinflussen. Eindeutig weniger sicher kann man sich aber sein, wenn es um die Abschätzung des Gesamtnutzens der generellen Hepatitis-B Impfempfehlungen zB in den deutschsprachigen Ländern geht, wo man immer schon eine niedrige Hepatitis-B Virusträgerrate in der Bevölkerung vorfand. Die Autoren nehmen aber leider zu dieser letztlich entscheidenden Frage nicht Stellung.

Peter Klein, August 2005      www.impfo.ch  

(*) Die Rate an Hepatitis-B Virusträgern ist in den europäischen Ländern nördlich der Alpen tief (ähnlich wie in den USA unter 0.5%). In solchen Bevölkerungen ist der mögliche Nutzen der generellen Impfung gegen HB, gemessen an der überwältigenden Mehrheit an praktisch nicht gefährdeten Personen, prinzipiell gering - dagegen aber ist der potentielle Schaden durch Impfnebenwirkungen, auch wenn diese selten auftreten, wegen der grossen Zahl an geimpften Personen, verhältnismässig bedeutsam. Das Nutzen-Schadensverhältnis wird wesentlich günstiger bei gezielter Impfung nur von Risikogruppen. Der Nutzen der genereller Impfung ist demgegenüber in Ländern mit hohem Virusträgertum (zB in Afrika) natürlich anders zu beurteilen

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